Freitag, 13. Januar 2012

Das Mädchen mit den gläsernen Füßen von Ali Shaw

Ali Shaw
Auch die Verzweiflung hat ihre Ekstase (Victor Hugo, Die Elenden)

„Wenn sie nachts aufwachte, waren das die seltenen Augenblicke, in denen sie vergaß, was mit ihren Füßen geschah. Bis ein Gefühl wie von tausend Nadelstichen in ihren Adern und die Reaktionslosigkeit der toten Nerven, wenn sie versuchte, die Zehen zu bewegen, sie wieder in die Wirklichkeit zurückholten.“

Der introvertierte Midas ist Hobbyfotograf und möchte die winterliche Schönheit von St. Hauda’s Land mit seiner Kamera festhalten, als er Ida kennenlernt. Er wundert sich ein wenig über dieses seltsame Mädchen, doch ist auch fasziniert von ihr und ihren großen Stiefeln. Ida ist nach ihrem Sommerurlaub auf die Insel zurückgekehrt um Antworten zu finden, die sie nur an diesem fremden Ort finden kann. Einem Ort mit kleinen geflügelten Kühen, einem Tier das mit seinem Blick alles in Weiß verwandelt und wo sich glühende Quallen zum Sterben treffen. Ida, das Mädchen mit den gläsernen Füßen, versucht das Glas gemeinsam mit Midas aufzuhalten, während dieser sich seiner Vergangenheit stellen muss….

Was für ein wunderbares Buch! Ali Shaw hat einen so schönen, verspielten Schreibstil. Er verzaubert den Leser mit seinen poetischen Worten und lässt Märchen gleichzeitig  wahr werden. Kein Wunder das sein Buch ein Überraschungserfolg wurde.

Was  ganz klar auffällt, ist, das dieses Buch von Erinnerungen und Rückblenden lebt. „Das Mädchen mit den gläsernen Füßen“ ist eine Geschichte über gebrochene Menschen, die mehr oder minder ihre Vergangenheit aufarbeiten. Daher passiert in der gegenwärtigen Handlung auch gar nicht so wahnsinnig viel. Der eigentliche Kampf ist nämlich zwischen den Zeilen zu lesen. Es geht nicht nur um ein Mädchen mit gläsernen Füßen. Es geht auch um Hoffnung, Vergebung, große Gefühle und das die Vergangenheit uns immer einholt. Man könnte sagen, die ganze Zeit sticht das fehlende Glück besonders heraus.

Die verwunschene Insel St. Hauda’s Land kann ich mir gut vorstellen.  Eine Insel voller Magie, an die keiner mehr zu glauben vermag und die nur noch spärlich belebt ist. Nur einer hütet das alte Wissen: Henry Fuwa. Doch kann und will er Ida wirklich helfen? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit den Prozess der Vergläserung zu stoppen? Und dann noch die sich anbahnende Liebe zwischen Midas und Ida. Schafft der introvertierte Fotograf es wirklich sein Herz zu öffnen? 

Midas und Ida sind einmal keine Protagonisten im Teeniealter, sondern beide schon etwas älter. Midas ist sehr verschlossen und sofort fasziniert von Ida. Da er aber einen Knoten im Herz hat, behauptet er erst, sie substanzlos, spröde und monochrom zu finden.  Erst ganz langsam schafft Midas es sich zu öffnen, was nicht immer einfach ist.
Ida ist genau das Gegenteil von ihm. Spontan, offen und krank. Sie ist vorsichtig, aber Schicksalsergeben. Zu keiner Zeit gibt sie sich der Panik hin sondern akzeptiert ihr hartes Los.

Das wirklich wunderschöne Cover hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Es wirkt wie ein verwilderter Garten als Scherenschnitt. Es strahlt eine Ruhe, Harmonie und Romantik aus, dass es einen nur so verzaubert. Auch die Innenausstattung wirkt verträumt. Jeder Kapitelanfang beginnt mit verspielten Blumen und der silberne Schnitt wirkt so kalt wie Glas.

Das ganze Buch ist eigentlich durchweg bedrückend und schwermütig. Man merkt von Anfang an das St. Hauda’s Land kein Ort zum glücklich sein ist. Dennoch hat Ali Shaw mit seinem blumigen Schreibstil etwas Geheimnisvolles, Märchenhaftes geschaffen. Zwischen den Buchdeckeln erwartet einen eine Geschichte, bei der man ruhig mitdenken darf. Ja sogar soll, da nicht alles haarklein erklärt wird. Ich glaube nicht dass „Das Mädchen mit dem gläsernen Füßen“ jedem Leser gefallen wird. Aber wer es schafft sich richtig auf die Geschichte einzulassen, der wird mit belohnt werden!


Hier kommt ihr zu einer Leseprobe KLICK

Autoreninfo:
Ali Shaw wurde 1982 geboren und wuchs in einer kleinen Stadt in Dorset, Großbritannien, auf. Nach seinem Abschluss in Englischer Literatur an der Universität von Lancaster arbeitete er als Buchhändler und in einer Bibliothek in Oxford. Sein Debüt Das Mädchen mit den gläsernen Füßen war ein großer Überraschungserfolg und wurde in 18 Sprachen übersetzt. Gerade hat Ali Shaw seinen zweiten Roman beendet.


Mein herzlicher Dank für das Rezensionsexemplar geht an Vorablesen und Script5

4 Kommentare:

  1. Das wäre was für mich.... Aber ich hab Kaufstop bis mein SUB unter 100 ist.

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  2. Das Buch steht auch schon auf meiner Wunschliste. Ich bin gespannt, ob es mir gefallen wird, aber was du über das Buch schreibst, stimmt mich eigentlich zuversichtlich.
    Aber bis zum nächsten Buchkauf müssen erstmal noch zwei, drei andere Bücher gelesen werden. ;)

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  3. Wunderbar geschriebene Rezi. Das Buch steht ja schon auf meiner Wunschliste. Hoffentlich kann ich es bald lesen.

    Liebe Grüße, Diti

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  4. @Sarah: Wie hoch ist denn dein SUB jetzt?

    @Moena und Diti: Ich bin gespannt wie euch das Buch gefallen wird!

    LG
    Sarah

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