Mittwoch, 10. August 2011

Prinsengracht 263: Die bewegende Geschichte des Jungen, der Anne Frank liebte von Sharon Dogar

Prinsengracht 263

Wstawac´- Aufwachen


„Ich wusste es nicht.
Ich wusste nicht, dass ein Bett unterm Dachboden ein Luxus ist. Ich wusste nicht, dass Trauer, so wie ich um meine Freiheit trauerte, ebenso Geschenk und Gnade ist wie Kummer.“

Am 13. Juli 1942 erlebt Peter, wie seine Freundin Liesl in ein Arbeitslager abgeholt wird. Da begreift er, dass sein Vater recht  hat. Sie müssen untertauchen, weil die Nazis ihm seine Welt weggenommen haben. Sie haben seine Freiheit Stück für Stück beschnitten und es gibt kein Entkommen. Somit macht er sich auf den Weg in die Prinsengracht, wo seine Familie sich zusammen mit den Franks verstecken soll. Dieses Versteck in Holland ist ein großes Glück – ein kleiner Flicken in einem großen Teppich voller Nazis.
In der Prinsengracht 263 verstecken sie sich bis 1944. Die Familie Frank, die van Pels uns später noch der Zahnarzt Dr. Pfeffer. Miep Gies, Johanes Kleinman, Bep Voskuijl und Victor Kugler setzten zwei Jahre lang ihr eigenes Lebens aufs Spiel, um die Untergetauchten am Leben zu halten. Doch dies war nur Zeitschinderei, denn letztendlich hat es nur einer geschafft zu überleben.

PRINSENGRACHT 263  ist in Tagebuchform geschrieben, unterbrochen von Gedanken des sterbenden Peters. Wie der Verlag schon schreibt, macht Sharon Dogar die Geschichte des Hinterhauses lebendig und fühlbar. Sie erinnert sich für Peter van Pels an seine Vergangenheit, schreibt für ihn aus der Ich-Perspektive und schildert die Geschichte des Jungen der Anne Frank liebte, wie es durchaus gewesen sein könnte
Dabei schreibt die Autorin in genau den richtigen Momenten sehr abgehackt und hektisch, so dass man sich gut in das Leid, die Angst und Verzweiflung hinein fühlen kann.

Während  dieser sehr bewegenden, rekonstruierten Geschichte lernen wir die Bewohner des Hinterhauses in der Prinsengracht und ihre Helfer aus einer neuen Perspektive kennen. Wir erinnern uns wieder an Namen, die nicht vergessen werden sollen. Man erlebt quasi hautnah wie eng das Zusammenleben war, welche Ängste man hatte und welche Freundschaften entstanden. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es ist, immer nur im Dunkeln zu leben. Angst davor zu haben zu laut zu sein, gesehen werden zu können – entdeckt zu werden. Wie banal erscheinen dagegen die eigenen Ängste. So einfach, das man darüber lachen könnte.
Was ich am schlimmsten finde ist, dass die Franks, die van Pels und Fritz Pfeffer fast überlebt hätten. Mit dem letzten Zug sind sie ins KZ fahren, kurz vor der Befreiung durch die Alliierten. Sie, und die anderen millionenfach ermordeten Juden, sollen unvergessen sein.

Einige Ereignisse sind in diesem Buch zeitlich versetzt dargestellt worden. Allerdings sind es nicht allzu viele und diese wurden von Frau Dogar auch kenntlich gemacht. Den Lesefluss und die Handlung hat dich nicht gestört, sondern höchstens flüssiger gemacht.

Im Nachwort beschreibt Sharon Dogar die Todesumstände von Edith, Margot und Anne Frank, von Auguste, Hermann und Peter van Pels sowie von Fritz Pfeffer. Otto Frank überlebte als einziger den Holocaust. Im Anhang gibt es Tipps zu weiterführenden Informationen in Büchern, DVDs und zu Internetseiten.

Das Cover scheint einfach einen Dachboden mit aufgehangener Wäsche zu zeigen. Doch es ist nicht irgendein Dachboden. Es ist der Dachboden der Prinsengracht 263 und er zeigt das einzige Fleckchen, an dem die Sonne reinschien, weil das Fenster hier zu hoch war, um es zu verhängen. Der einzige Lichtblick, den die Franks, die van Peels und Dr. Pfeffer über zwei Jahre lang erhaschen konnten.

PRINSENGRACHT 263 ist eine Geschichte die uns zu verstehen gibt, was aus Hass alles erwachsen kann. Die Schicksale haben mich auf jeden Fall sehr mitgenommen und mir kommen jetzt noch die Tränen, wenn ich an dieses Beispiel unserer Vergangenheit denke. Wie tragisch, das  die Personen des Hinterhauses der Prinsengracht 263 so lange überlebt haben, um dann doch noch denunziert zu werden. Ein wirklich bewegendes Buch für Jugendliche ab 13 Jahren, das vor dem Vergessen bewahrt.

Hier kommt ihr zu einer Leseprobe KLICK

Autoreninfo:
Sharon Dogar, geboren 1962, lebt mit ihrer Familie in Oxford. Von Beruf Jugendtherapeutin schreibt sie Romane, die sich speziell an junge Erwachsene richten. „Prinsengracht 263“ ist ihre erste fiktive Biografie und das erste Buch, das sich mit dem Dritten Reich befasst. Intensiv hat sie recherchiert, um „die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs für alle neuen Generationen lebendig zu schildern, damit diese hoffentlich nie vergessen, was Hass für verheerende Auswirkungen haben kann“.

Mein herzlicher Dank für das Rezensionsexemplar geht an den Thienemann Verlag

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen