Donnerstag, 29. Dezember 2011

Moira Young: Dustlands 01 - Die Entführung


Dustlands 01

„Sie haben meinen Vater getötet. Sie haben meinen Bruder geraubt. Es ist die Wut, die mich durchhalten lässt.“

Saba wohnt mit ihrem Vater und ihren Geschwistern im toten Land. Fast nie bekommen sie andere Menschen zu Gesicht. Bis auf einmal vier Reiter auftauchen, Sabas Vater töten und ihren Zwillingsbruder Lugh mitnehmen. Nur die kleine Schwester Emmi und Saba bleiben übrig. Zeit aufzubrechen. Dabei hasst Saba ihre langsame, unnütze Schwester, wegen deren Geburt die Mutter gestorben ist. Dennoch will sie Emmi  in Sicherheit bringen, um danach ihren Bruder Lugh bis ans Ende der Welt zu folgen.
Doch Emmi lässt sich nicht abschütteln und holt Saba mitten in der Wüste ein. Es  ist zu spät sie zurück zu schicken und gerade als die Schwestern vor Hunger und Durst kaum noch weiter können kommt ihnen ein Wüstenschiff entgegen. Das vermeintlich ungefährliche Paar bietet den Mädchen an, sie zu ihrem Ziel Hopetown mitzunehmen. Dort angekommen ist für Saba und Emmi erst mal Endstation. In der Drogenverseuchten Stadt muss Emmi Sklavendienste verrichten, während Saba sich bei den Käfigkämpfen beweisen muss. Schnell wird Saba „Der Todesengel“ genannt. Denn sie hat den Willen zu Überleben!  Bis sie mithilfe einiger starker Frauen und eines ausgeklügelten Plans eine Flucht plant.

DIE ENTFÜHRUNG ist der Auftakt eines ganz neuen Fantasy Abenteuers. Der fantastische Prolog, in dem Saba in kurzen Sätzen von den Sternen und ihrer Familie erzählt, hat mich sofort neugierig auf das Buch gemacht. Doch danach war ich erst mal verwirrt. Denn ich dachte, der Schreibstil aus dem Prolog wäre auch diesem vorbehalten. Aber nichts da. So war es natürlich erst mal gewöhnungsbedürftig eine Geschichte aus der Ich-Perspektive zu lesen, bei der die Protagonistin Vokale verschluckt (guck ich, Staub schmeck) und wo es augenscheinlich keine Dialoge gibt, da die Autorin gänzlich auf die typischen Anführungszeichen verzichtet hat. Dieser unkonventionelle Schreibstil, der Sabas Bildungsgrad angepasst zu sein scheint und sehr einfach ist, kommt einem natürlich zunächst chaotisch vor. Zur besseren Veranschaulichung hier ein  Beispiel:

Ich kann die andere Seite nicht sehen, sag ich.
Sie ist da, sagt Jack.

Oft ist die Sprache auch in kurzen, hektischen Sätzen gehalten (Lugh ist weg. Weg. Mein Herz, meine Sonne ist weg. Ich knie im Staub.), was aber absolut zu Saba und der jeweiligen Situation passt.

Wenn nicht gelegentlich die Rede von der Abwrackzweit gewesen wäre und Überbleibsel aus unserer Zeit auftauchen würden (Fernglas, Bücher, verrottete Flugzeuge), dann würde man nicht auf das Genre Dystopie kommen. Nein, eher gleicht das Buch einem Abenteuerroman. Allerdings ist die Heldin hier eine Frau, die auf der beschwerlichen Reise einiges über sich selbst lernt und sich sogar verliebt.

Das Leben in Sabas Welt ist gefährlich und mühsam. Es bleiben einem dort nur zwei Möglichkeiten: sich in der Einöde verstecken und hoffen sich alleine durchschlagen zu können oder in Hopetown zu leben und dort entweder mittels Drogen unter Kontrolle gehalten zu werden,  als Sklave auf den Drogenfeldern zu arbeiten oder aber als Käfigkämpfer zu sterben.  Annehmlichkeiten wie wir sie kennen gibt es nicht. Für mich entstand dabei eine Atmosphäre wie bei den Gladiatoren im alten Rom.

Das Saba zu größerem bestimmt ist, das wusste ihr Vater schon immer. Er hat ihr früher schon vorgebetet, das Lugh, Emmi und auch andere Menschen sie brauchen werden. Er hat Saba mit Worten auf ihre Rolle vorbereitet und ihr gesagt, dass sie der Angst nicht nachgeben soll. Denn die Sterne lügen nicht!
Saba selbst will die ihr zugedachte Rolle erst gar nicht annehmen. Sie hasst ihre kleine Schwester Emmi und sieht in ihr nur das Schlechte und eine Last. Auch alle anderen Menschen sind ihr egal. Alle außer ihr Zwillingsbruder Lugh. Doch auf ihrer Reise lernt sie nicht nur zu kämpfen, sondern auch zu lieben und was Freundschaft wirklich bedeutet. Eine schöne Entwicklung, die schon neugierig auf Band 2 macht.

Auch Emmi entwickelt sich weiter und macht große Entwicklungsschritte. Sie kämpft darum nicht unterzugehen und anerkannt zu werden. Alles was sie möchte ist geliebt und wegen ihrer selbst anerkannt zu werden. Eine Geschichte, die einem teilweise doch sehr nahe geht und ein Mädchen, mit dem man mitfühlen kann.

Pfiff ins Buch gebracht hat auf jeden Fall Jack. Als er auftaucht ist die Handlung zwar nicht weniger ernst, aber seine Beziehung zu Saba kommt einem manchmal wie eine witzige Comedy-Ehe vor. Und das, obwohl die beiden noch nicht einmal zusammen sind. Auf jeden Fall bringt einen dieser Kerl zum Schmunzeln. Und an Männer, die einen zum Lachen bringen, erinnert man sich immer gerne.

Sabas Rabe Nero gibt mir allerdings noch Rätsel auf. Manchmal kommt er mir glatt wie ein menschliches Wesen vor. Er ist wie einer dieser Nebencharaktere in den ganzen Disneyfilmen, die man nicht missen möchte. Ob er noch eine größere Rolle im Buch bekommen wird? Ich bin gespannt!

Der Schutzumschlag ist ein absolutes Highlight. Was man nämlich auf den Fotos nicht sehen kann, ist der tolle Effekt. Hält man den Umschlag ins Licht, sieht man Risse, wie auf einem ausgedörrten Wüstenboden. Streicht man dann mit der Hand darüber, fühlt man diese sogar. Toll! Macht man den Umschlag ab, ist der Buchdeckel sogar genauso wie der Schutzumschlag bedruckt – nur halt ohne Effekt.

Wenn man sich einmal mit dem ungewöhnlichen Schreibstil angefreundet hat, dann ist dieses All-Age-Buch ein echtes Schmankerl.  Die ungewöhnliche Geschichte, in einer rauen Gegend, hat mich mit ihren sympathischen Charakteren in ihren Bann ziehen können und nun fiebere ich der Fortsetzung entgegen, die leider erst 2013 erscheinen wird.

Hier kommt ihr zu einer Leseprobe KLICK


Autoreninfo:
Moira Young hat als Schauspielerin, Tänzerin und Sängerin gearbeitet, aber ihre erste Liebe gehörte immer schon den Büchern und dem Schreiben. Die gebürtige Kanadierin lebt heute zusammen mit ihrem Ehemann in Großbritannien. "Rote Nebel" ist ihr erster Roman.

Mein herzlicher Dank für das Rezensionsexemplar geht an Blogg dein Buch und Fischer FJB!


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